WELTER-BÖLLER MAGAZIN

Schief, aber natürlich!

Anmerkungen zu den Auswirkungen der natürlichen Schiefe auf den Bewegungsapparat des Pferdes

Die natürliche Schiefe entsteht durch die Lage des Blinddarms des Pferdes in seiner rechten Flanke. Er funktioniert als Gärkammer bei der Verdauung des Futters und hat einen Inhalt von 30-70 Litern. Um diese Unwucht im Körper auszubalancieren setzt das Pferd sein rechtes Hinterbein etwas nach außen und dreht den Huf dabei nach außen.

Durch diese Außenstellung des rechten Hinterbeines wirkt die Schubkraft des Beines diagonaler auf der linke Vorderbein und ist durch seine Außenstellung verringert. Um die mangelnde Schubkraft von hinten rechts auszugleichen muss das Pferd mit dem linken Vorderbein mehr ziehen. Die dazu benötigten Muskeln, der M. latissimus dorsi und der tiefe Brustmuskel, werden stärker und entwickeln mehr Spannung. Das Pferd hat kein Schlüsselbein und der Rumpf ist nur myofaszial an den Schulterblättern dynamisch fixiert. Das linke Vorderbein wird so über die unphysiologisch erstarkten Muskeln etwas nach hinten gezogen. Dies sieht man deutlich daran, dass die rechte Schulter des Pferdes etwas weiter vorne steht. Damit das Vorderbein nicht weiter zurückgezogen wird halten Muskeln, die vom Schulterblatt nach vorne ziehen, dagegen und erstarken auch. Ein wichtiger Muskel, der M. serratus ventralis pars cervicis, setzt an den Querfortsätzen der 4. bis 7. Halswirbeln an und ziehen in diesem Fall die Querfortsätze nach oben in eine Läsion in Rotation. So entsteht die Zwangsseite auf der linken Halsseite und die hohle Seite rechts. Der Osteopath findet bei der Befundung eine Gruppenläsion. Er kann sie behandeln, wichtig ist aber das Auftrainieren des rechten Hinterbeines, um die Ursache zu behandeln.

Das unphysiologische Erstarken des M. latissimus dorsi wirkt sich durch seinen Ursprung aus der Rückenlendenbinde, der Faszie thorakolumbalis, die an den Dornfortsätzen der Brust-und Lendenwirbelsäule entspringt, auf die Stellung der Wirbel vor allem in den Bereichen im Übergang zwischen Brust-und Lendenwirbelsäule aus. Dieser Bereich wird nach unten gezogen in Richtung Senkrücken und gleichzeitig werden die Wirbelkörper zu dieser Seite gedreht. Der Osteopath findet ein Restriktion dieser Wirbelsäulenbereichs in Streckung und Rotation. Das muss behandelt werden und wieder die Ursache behoben werden.

Auch iliosakrale Läsionen entstehen durch die natürliche Schiefe. Der M. latissimus dorsi hat seinen Ursprung in der Rückenlendenbinde, die nicht nur an den Dornfortsätzen, sondern auch an dem jeweiligen Beckenkamm entspringt. Wird er einseitig stark zieht er die Beckenhälfte nach vorne, es entsteht ein Ilium upslip auf der linken Seite. Der Füllungszustand des Blinddarms hebt die rechte Beckenhälfte an und es entsteht auf der rechten Seite ein Ilium posterior. Auch bei diesen Läsionen gilt es, neben der Behandlung, die Ursache durch Training und Fütterungsmanagement anzugehen.

Begriffserklärungen:

Blockade, ein Wort aus der Manuellen Medizin und das auch in der Medizin nur dort verwendet wird, bedeutet eine reversible gestörte Gelenkfunktion.

Läsion, aus dem lateinischen, bedeutet jegliches Problem im Körper, im Bewegungsapparat eine Bewegungseinschränkung in einem oder mehreren Gelenken.
Eine Läsion in nur einem Wirbelgelenk nennt man eine monolytische Läsion, gut osteopathisch behandelbar.

Eine Gruppenläsion bedeutet eine Wirbelsäulenfehlstellung in mehr als zwei Wirbelsegementen und ihnen liegt meist ein Kompensationsgeschehen zu Grund wie im Beispiel der natürlichen Schiefen. Hier muss neben der osteopathischen Behandlung die Ursache gesucht und behoben werden.

Eine Luxation, aus dem lateinischen luxare= verrenken, ist ein vollständiger oder bei einer Subluxation unvollständiger Kontaktverlust der Gelenkpartner. Sie ist eine schwere Schädigung des Gelenkes und höchst schmerzhaft und gehört nicht in das Behandlungsspektrum des Osteopathen sondern muss tierärztlich behandelt werden.

 

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